Von Allenstein bis Rastenburg brauchten wir eine gute Stunde. Kurz hinter Rastenburg, und etwa 50 Kilometer von der russischen Grenze entfernt, liegt im Wald das ehemalige Führerhauptquartier von Adolf Hitler.
Ab 1940 wurden im Areal etwa 100 Gebäude/Bunker errichtet. Die Sowjetarmee hat 1945 alles wieder zerstört. Heute sind nach der Beräumung von Tausenden Granaten die Überreste zu besichtigen.
Die Natur holt sich ihren Teil wieder zurück. Das verstärkt noch das Bild der Vergänglichkeit, auch von grauenhafter Historie. Es macht uns auch deutlich, welcher Wahnsinn durch Waffen und Aufrüstung entstehen kann – früher und heute.
An dieser Stelle verübten die mutigen Männer um Graf von Stauffenberg eines von 40 Attentaten auf Hitler. Leider misslang auch dieses. Man kann auf dem Rundgang durch die Ruinen auch eine Nachstellung der Ereignisse sehen.
Wer möchte, kann mit dem Wohnmobil auf dem Parkplatz übernachten. Wir sind allerdings weitergefahren nach Lötzen.
Auf dem Weg nach Allenstein legten wir einen kurzen Zwischenstopp am Elblag-Kanal ein. Dieser verbindet die gleichnamige Stadt mit dem 80 Kilometer südlich gelegenen Ostroda.
Die Besonderheit sind fünf Rollberge, wo die Schiffe zur Bewältigung des Höhenunterschieds von etwa 100 Metern auf Schienenwagen über Land transportiert werden. Diese funktionieren wie Standseilbahnen, welche von Wasserrädern angetrieben werden.
Ein sehenswertes Baudenkmal!
Danach suchten wir den in einem Vorort von Allenstein gelegenen Campingplatz auf. Nach der Asphaltstraße kam ein längerer Feldweg. Doch der Naturplatz direkt am Ukielsee hat uns für die holprige Anfahrt entschädigt.
Die nächtliche Stille und Dunkelheit war eine Wohltat. Am Sonntagmorgen konnten wir vom Bett aus einen herrlichen Sonnenaufgang beobachten.
Vormittags sind wir in die 8 Kilometer entfernte City gefahren. Im Reiseführer wurde die Altstadt sehr angepriesen – Allenstein als die schönste Stadt der Masuren. Doch bis auf das Hohe Tor, das Rathaus und die St.-Jakobs-Kathedrale fanden wir keine herausragenden Sehenswürdigkeiten. Leider war gerade Gottesdienst, so habe ich nur durch eine Glastür das wirklich prachtvolle Innere sehen können.
Somit ging unsere Reise schneller als erwartet weiter.
Wir stehen mit dem Wohnmobil gegenüber der größten Backsteinburg Europas. Ein herrliches Panorama!
Sie liegt am Ufer des Flusses Nogat, einem Mündungsarm der Weichsel. Von 1309 bis 1457 war sie der ehrfurchtgebietende Sitz der Hochmeister des Deutschen Ordens. Nie eingenommen wegen ihrer ausgeklügelten Befestigungsanlagen, fiel sie nach einer langen Belagerung und der Zahlung einer immensen Summe Geld an die polnischen Könige und war deren Sitz.
Im 19.Jahrhundert verfiel der Bau. Doch der Wiederaufbau wurde auf Drängen von Kunsthistorikern und Architekten in Gang gesetzt. Bis 1944 war sie wieder hergestellt.
Während der Nazizeit wurde sie zu deren Zwecken instrumentalisiert und bei einer sinnlosen, vierwöchigen Verteidigung am Ende des 2. Weltkrieges schwer zerstört.
Die Polen entschlossen sich nach einer langen Diskussion 1960 zum Wiederaufbau dieses „deutschesten aller Bauwerke“. Zum Glück für uns heute kann man das wunderbare Zeugnis mittelalterlicher Geschichte besichtigen.
Außerdem steht die Marieburg seit 1997 auf der Liste vom UNESCO Weltkulturerbe.
Nach einem fast dreistündigen Rundgang mit Audioguide waren wir gut informiert und kaputt vom Treppauf-Treppab in der riesigen Anlage.
Zum Abschluss werden wir heute den Anblick vom anderen Nogatufer auf die im Abendlicht glänzende Burg genießen.
Mit einem Cocktail und einen tollen Blick zur Marienburg schließen wir unsere dritte Reisewoche ab.
Dieser berühmte Ort war unser nächstes Etappenziel.
In der jüngeren Geschichte wurde Danzig als Freie Reichststadt bekannt durch den Beginn des 2. Weltkrieges. Die Westerplatte ist heute noch ein Synonym für heldenhaften Widerstand der Polen gegen Nazideutschland. Als Ergebnis dieses Krieges war die Stadt zu 95 % zerstört.
In den 1980ern entstand hier auf der Werft aus einer Streikbewegung die Unabhängige Gewerkschaft „Solidarność“.
Im Juni 1987 feierte der erste slawische Papst Johannes Paul II in Danzig eine Heilige Messe vor Zehntausenden.
Und nicht zuletzt: hier wurde 1927 Günter Grass geboren. Zum Teil spielt sein bekannter Debütroman „Die Blechtrommel“ in seiner Heimatstadt.
Heute ist die Stadt nach alten Vorbildern wiederaufgebaut. Die Altstadt ist ein richtiges Schmückstück mit den verschiedenen Stadttoren und Patrizierhäusern. Wenn man durch das Hohe Tor auf den Langen Markt geht, wimmelt es nur so von Touristen. Auf der Fußgängerzone befindet sich vor dem Artushof der Neptunbrunnen. Am Ende durchschreitet man das Grüne Tor und wendet sich links am Mottlauufer entlang zum Krantor. Das ist das meistfotografierte Motiv von Danzig.
Hier legen die Ausflugsschiffe ab. Viele Restaurants säumen die Promenade. Und wenn man ungefähr in der Mitte wieder links in Richtung Marienkathedrale läuft, kommt man durch ein Gässchen mit wunderschönen Häusern und vielen Schmuckateliers. Es ist ein wahres Bernsteinparadies. Die Marienkirche ist auf jeden Fall einen Besuch wert.
Und nach dem langen Spaziergang haben wir uns und unserem vierbeinigen Liebling eine Kaffeepause gegönnt. Er ist heute zum ersten Mal Straßenbahn gefahren und musste dabei Maulkorb tragen. Er war so cool, als hätte er nie was anderes gemacht. Auch zwischen den vielen Menschen ist er ganz entspannt durchgelaufen. Was für ein Glück.
Morgen ziehen wir endgültig vom Ostseestrand weiter ins Landesinnere auf den Spuren der Kreuzritter.
Wir nähern uns der russischen Grenze. Nur noch die Danziger Bucht trennt uns von der Enklave Kaliningrad.
Gestern sind wir über Landstraßen und wunderschönen Alleen mit alten Bäumen zur Halbinsel Hel gezuckelt. Der gleichnamige Ort befindet sich am südöstlichsten Zipfel der 35 Kilometer langen schmalen Halbinsel.
Der kleine Fischerort war früher ein Armeestützpunkt. Relikte davon findet man in den Wäldern ringsum. Der Hafen ist deshalb ziemlich groß.
Am Eingang zum Campingplatz gibt es eine Restauration mit Gulaschkanone und militärischer Dekoration. Die Suppe hat gut geschmeckt.
Bis zur Spitze der Halbinsel läuft man 10 Minuten. Dort ist ein herrlicher Strand und relativ ruhig um diese Zeit. Das sonnige Wetter haben wir gleich als Strandtag genutzt.
Sehenswert ist die Promenade mit einzelnen kleinen Fischerhäuschen und der Backsteinkirche. In dieser befindet sich heute ein Fischereimuseum. Nennenswert ist noch ein schöner Leuchtturm und die Robbenstation der Universität Danzig.
Hier gibt es viele bewachte Parkplätze auf denen täglich haufenweise Tagestouristen ausgeschüttet werden. Und auch von Danzig besteht eine Fährverbindung. Also ein sehr begehrter Urlaubsort. Möchte nicht im Sommer hier sein.
An unserem letzten Tag der Ostseeküstenreise genießen wir noch mal frisch geräucherten Fisch. Denn die nächste Etappe führt uns morgen in die Großstadt Danzig.
Wir haben eine größere Strecke an der Küste zurückgelegt. Zum Glück ist die Straße nach Danzig teilweise zweispurig ausgebaut, so kamen wir gut voran zu unserem Ziel Leba.
Das kleine Küstenstädtchen ist ein Kurort mit etwa 3500 Einwohnern aber viel mehr Gästen. Denn ein bekannter Anziehungspunkt sind die Wanderdünen und die Strände mit schneeweißem Sand.
Uns gefällt es hier sehr gut. Der Campingplatz Lesny 51 ist toll. So moderne und saubere Sanitäranlagen sind mir auf unserer langen Reise noch nicht begegnet. Die Besitzer sind sehr hilfsbereit und sprechen deutsch. Hier kann man auch länger Urlaub machen.
Bis zum Strand ist es nicht weit. Dazwischen liegt Kiefernwald. Das ist das Schnüffelparadies für Ben. Er hat sich schon an das Wellenrauschen gewöhnt, doch zum Baden ist er nicht zu überreden. Naja kann ich verstehen, denn die Ostsee ist eben kalt.
Im Hafen liegen viele Boote. Die Urlaubssaison ist nun vorbei und so kann man gut an den noch geöffneten Lokalen entlang flanieren und frisch gefangenen Fisch essen. Da die Besucherzahl mittlerweile überschaubar ist, macht das Shoppen in den hübschen Straßen Spaß.
So gegen 19.30 Uhr streben bei Sonnenschein viele Menschen an den Strand. Hier sieht man einen wunderbaren Sonnenuntergang über dem Meer. Es stellt sich wieder ein On-Tour-Gefühl bei uns ein. Der letzte Sonnenuntergang am Meer ist schon ein ganze Weile her.
Heute war Roland auf der großen Wanderdüne. Leider dürfen Hunde nicht mit in den Nationalpark. So hatte nur einer den Eindruck von Sahara. Der Sand türmt sich zwischen Ostsee und Lebasee auf einer Fläche von etwa 1300 mal 500 Meter zu eine Höhe von etwa 42 Metern hinauf. Und er bewegt sich jährlich mehrere Meter weiter.
Hier hat schon Rommel für seinen Wüstenkrieg geübt und es befinden sich Reste der Abschussrampen von V1/V2-Raketen nebenan.
In Leba hat man noch mehr Möglichkeiten : Bernsteinmuseum oder Wachsfigurenkabinett. Doch wir haben nur noch 3 Wochen für unsere Reisepläne. So fahren wir morgen auf die Halbinsel Hel.
Auf unserer Weiterfahrt legten wir einen kleinen Zwischenstopp in Trzebiatòw ein.
Laut Google gibt es direkt im Zentrum einen Parkplatz. Diesen steuerten wir an, doch leider war auf diesem PKW- Parkplatz alles belegt. So haben wir den historischen Ortskern nur aus dem fahrenden Wohnmobil gesehen.
Doch am Netto konnten wir parken und zu Fuß die Marienkirche besuchen. Dort gibt es eine Reliquie von Papst Johannes Paul II.
Mittags kamen wir in Kolberg, einem der größten polnischen Kurorte mit fast 50 000 Einwohnern, an. Der Campingplatz liegt neben dem Kurgebiet.
Bis zur Strandpromenade sind es etwa 500 Meter. Und dort empfing uns reges Treiben. Dieser Boulevard zieht sich kilometerlang neben dem Kurpark bis zum Leuchtturm hin. Gesäumt von Restaurants, Cafés und ähnlichen „Attraktionen“ für die Kurgäste und Urlauber kann man flanieren oder auf schönen Bänken verweilen.
An der Mündung des Flusses Parseta steht der schöne Leuchtturm. Unterhalb legen die Ausflugsschiffe an.
Weiter landeinwärts befindet sich die Altstadt. Von den historischen Gebäuden sind nicht viele übrig geblieben. Im 2. Weltkrieg wurde Kolberg von den deutschen Truppen bis zur völligen Vernichtung verteidigt. Die Altstadt wurde wieder aufgebaut und etwas der Historie „angepasst“. Doch es ist ganz hübsch geworden mit kleinen Läden und Restaurants. Inmitten der Häuser steht die Kirche St. Marien wie ein Fels in der Brandung. Gegenüber befindet sich das Rathaus aus roten Backsteinen.
Mit dem Wetter geht es jetzt auch wieder bergauf, denn seit gestern regnet es nicht mehr und es ist sonnig.
In diesem kleinen Ortsteil von Rewal fanden wir einen tollen Campingplatz in der Nähe des Leuchtturmes. Camping Pomena können wir weiterempfehlen. Der Platz hat schöne großzügige Stellplätze, moderne und saubere Sanitäranlagen und nette Betreiber, die deutsch sprechen.
Der Ort lebt ebenfalls von Urlaubern, doch ist es nicht so beengt wie in Dziwnów. Auch für Hunde sind die Strände geöffnet. Das haben wir am Freitag gleich genutzt, da war das Wetter nach einer gewittrigen Nacht noch recht schön. Leider regnete es die letzten beiden Tage sehr häufig.
Wir wollten eigentlich heute schon weiterreisen, doch der befestigte Platz hat uns überzeugt, die Regenfront hier auszusitzen.
Zwischen den Schauern sind wir am Leuchtturm vorbei entlang der Steilküste gelaufen. Der Weg oberhalb vom Strand ist gut befestigt und auch bei diesem Regenwetter nutzbar. Und der Ort ist nicht so riesig, dass wir immer fast trocken ins Wohnmobil zurückgekommen sind.
Ab morgen soll es sonnig und wärmer werden. Also geht es für uns weiter.
Dieser kleine Küstenort ist das typische „Urlaubsparadies“: menschenüberfüllte Einkaufsmeile, Geschäfte mit Strandartikeln und Souvenirs sowie Imbissbuden. Allerdings gibt es eine schöne ruhige Strandpromenade aus Holzbohlen mit vielen Bänken.
Eine neue Urlaubserfahrung gab es für uns auch – Hunde am Strand verboten. Also auch für uns kein Zugang. Am Weststrand allerdings konnten wir bis an die Ostsee heran.
Sehenswert ist die Zugbrücke über die Dziwna. Sie ist der andere Übergang von der Insel Wolin zum Festland. Sie wird regelmäßig für Boote und das bunte Piratenschiff hochgezogen.
Morgen geht die Reise weiter in Richtung Osten an der Küste entlang.
Unsere erste Station in Polen ist Wolin. Die einzige Insel Polens trägt den gleichen Namen wie die an ihrem südöstlichsten Zipfel gelegene Kleinstadt.
In einem noch auf dem Festland gelegenen Ortsteil haben wir einen schönen Stellplatz mit deutschem Betreiber gefunden. Die Stadt ist gut zu Fuß erreichbar. Der Stadtrundgang dauerte nicht sehr lange. Auf dem Rückweg besuchten wir die Slawen- und Wikinger Siedlung auf der im Fluss Dziwna gelegenen Plageinsel.
Wir lesen beide gern Mittelalterromane. Diese beschreiben zwar gut recherchiert die damaligen Verhältnisse, doch wenn man die Lebensumstände der einfachen Bevölkerung mit eigenen Augen sehen kann, ist es nicht mehr ganz so romantisch wie im Buch.
Die Hütten sind sehr beengt und verraucht. Das ganze tägliche Leben spielte sich in einem Raum ab. Und sogar die Handwerke wurden hier verrichtet. Im archäologischen Freilichtmuseum sind täglich Mitarbeiter in historischen Trachten unterwegs und üben die alten Handwerke aus.
Das rustikale Essen wird auf dem Holzfeuer zubereitet. Dementsprechend riechen wir jetzt auch noch. Aber es war sehr lecker. Besonders der Brottrunk hat köstlich geschmeckt.
Das Gewicht des Helmes einer Rüstung kann man hier nachspüren. Aber alles sehr unhandlich und schwer.
Doch insgesamt war es für uns drei ein schönes Erlebnis. Das Wetter hat auch mitgespielt. Der Regen zieht erst jetzt auf. Doch wir sitzen wieder gemütlich im Wohnmobil und Ben chillt.
Morgen geht unsere Reise direkt an die See.